eCommerce-Blog:
The great regret - ebay bemüht sich um Schadensbegrenzung


Veröffentlicht: 2023-02-28
eBay hat eine lange Geschichte des Scheiterns und Versagens hinter sich. Ob nun die lang ersehnte Kehrtwende eingeläutet wird oder nur ein blindes Huhn gerade ein Korn gefunden hat wird die Zeit zeigen.

Ab dem 01.03.2023 wird ebay nun einen Schritt gehen, den die Mehrheit der privatkunden sich wohl schon lange gewünscht hat. Das kostenfreie Verkaufen auf eBay zurückholen. Mit kostenfrei ist in diesem Fall keine Sonderaktion gemeint, bei der sich mal eben zwei Wochen lang die Einstellgebühren sparen lassen, sondern auch die Verkaufsprovision entfällt und on Top wird privaten Verkäufern keine Gebühr für die Nutzung der eBay-Zahlungsabwicklung berechnet.

Die Kritikpunkte privater Nutzer waren vielfältig, gingen aber alle in die gleiche Richtung.

  • Die Verkaufsprovision von mehr als 10% des Verkaufspreises sei unangemessen
  • Die Berechnung von Verkaufsprovision auf Verpackung und Versandkosten sei dreiste Abzocke
  • Das Zahlungssystem verpflichtend zu machen und dafür nochmals zu kassieren, sei eine Frechheit

Nun. Man kann von privaten Verkäufern in dieser Hinsicht nicht viel mehr erwarten, als eine Meinung. Sachliche Argumente, auf Fakten basierend sind in diesem Kontext eher selten zu finden. Daher an dieser Stelle in paar Rahmeninformationen als Denkanstoß:

Das Zahlungssystem bietet den Käufern eine Sicherheit und ist quasi eine Garantie, nicht auf einen Betrüger hereinzufallen. Dass diese Garantie vom Verkäufer bezahlt wird ist ähnlich wie ein Kundenparkplatz. Den zahlt auch der Händler und nicht der Kunde.

Kosten für Verpackung und Versand zu berechnen war aus der Dummheit der Verkäufer heraus geboren. Weil einige Krämerseelen sich wegen 20 Pfennig Verkaufsprovision den ein oder anderen Streifen in die Unterhose stifteten, wurden plötzlich Artike mit einem Euro Verkaufspreis angeboten, für den die Provision berechnet wurde und dazu kamen dann provisionsfreie 50 Euro Versandkosten. Käufer fühlten sich betrogen und über den Tisch gezogen. Dieses Verhalten schadete dem Ansehen der Plattform und war geeignet, Kunden vom Marktplatz fernzuhalten.

Da aber nun gerade Dummheit oftmals ansteckend ist, glaubten viele mit dieser Praxis die ultimative Idee vom schnellen Geld und vom großen Reichtum gefunden zu haben. Sie begannen vom Start einer glanzvollen Powerseller-Karriere aus der heimischen Garage zu träumen und ebay begann diese Praxis zu unterbinden, indem von da an jegliche Provision auf den kompletten Verkaufspris (inkl. Versandkosten) berechnet wurde.

Was die Höhe der Verkaufsprovision betrifft, darüber kann man streiten. Ebenso ob man auf dem Flohmarkt 4 oder 6 Euro/laufendem Meter bezahlt oder 35 Euro für einen kompletten Stand.

Das aber nur als kleine Exkursion am Rande. Viel interessanter ist das Zeichen, das eBay mit dieser Gebührenreduzierung sendet.

Es ist ein großen, leuchtendes SOS-Zeichen.

eBay ist ein Aktienunternehmen, das immer wieder zum Ziel von Spekulanten wurde. Einer dieser Spekulanten wollte unbedingt, dass eBay PayPal verkauft. Denn dadurch käme auf einen Schlag viel Geld in die Kassen, das erhöhe den Wert seiner Aktien und er hätte (kurzfristig) einen Gewinn eingefahren. Andere hingegen waren der Meinung, das Geschäft mit den Kleinanzeigen gehöre nicht wirklich dazu und müsse verkauft werden. dadurch käme Geld in die Kassen und das erhöht (kurzfristig) den Wert der Aktien. Tja. So nach und nach wurde die Leiche zerfleddert, da es - anders als bei Amazon - keinen Hauptaktionär gab, der hätte Einspruch einlegen können. Und so konnten sich die Spekulanten mit gerade mal etwas mehr als 3% Firmenanteilen ein AllYouCanEat-Buffet bestellen.

Welche Folgen hatten diese Entscheidungen?

Die Verkäufe von PayPal und eBay-Kleinanzeigen waren erstmal für die Nutzer weniger dramatisch, da sich für diese nichts änderte. Tatsächliche Änderungen kamen erst mit den vielen Fehlschlägen seitens eBay, mit denen die Nutzer immer wieder vor den Kopf gestoßen wurden. Dummerweise war ebay auch noch nie besonders gut darin, etwas gut zu durchdenken und vernünftig umzusetzen.

Das Ergebnis sieht man dann an den eBay-Blitzdeals. Eine Abwandlung des damaligen Auktionsformates, das irgendwann aus mangelndem Interesse wieder eingesteltl wurde. catch! by eBay - das entstannd damals im Hype um Wish und Joom. Quasi die Apps für den direkten und schnellen Bezug von billigen Wegwerfartikeln aus asiatische Massenfertigung. Kurzlebige Trendartikel, die allenfalls zur Belustigung geeignet waren. Bevor Fidget-Spinner an jeder Tankstelle und in jedem Supermarkt zum Einkauf dazugegeben wurden, gab es die dort zu kaufen. Und genau das wollte eBay mit catch!

Schneller Absatz von kurzlebigen Trendprodukten. FMCG oder auch Fast Moving Consumer Goods nannte man das. Aber so wirklich wichtig war das wohl nicht. Es gab nie eine App dazu und die Plattform selbst wurde auch nie beworben, nicht in der Google-Suche ausgespielt und auch nicht wirklich von den Nutzern angenommen.

Es gibt noch einer Vielzahl weitere Beispiele, an denen man hervorragend erkennen kann, das ebay nicht einmal in der Lage war, das Konzept der Katalogdaten, wie es bei Amazon seit jeher usus ist umusetzen oder die für Amazon typischen Produktbewertungen vernünftig umzusetzen.

Somit kamen in den letzten Jahren eine geballte Portion Unfähigkeit und eine sinkenden Relevanz zusammen mit vielen Maßnahmen, die die kleinen und unrentablen Privatanbieter outsourcen sollten, um sich auf die Großen zu konzentrieren. Dummerweise hatte man nichts mehr, das man den Großen anbieten konnte. Mit den privaten Verkäufern gingen auch die Käufer nach und nach. Die Händler machten weniger Umsatz bei steigenden Kosten. Während Amazon darum bemüht war, jeden Kunden zu halten und ggf. die Händler rauszuschmeißen, ließ man bei eBay den Händlern viele Verstöße durchgehen und kümmerte sich nicht um die Belange der Käufer.

Und jetzt, nach Jahren in denen man die Käufer verprellt und auf andere Plattformen zwang, versucht man sich eben diese Kundengruppe zurückzukaufen von Kleinanzeigen, von Vinted, von Shpock, ...

Ob das gelingt darf getrost bezweifelt werden. eBay hat dermaßen an Relevanz verloren, dass der Kampf nun einiger Jahre fortwährender Anstrengungen bedarf und das Durchhaltevermögen bei eBay ist eher begrenzt. Abgesehen davon hat ebay oft genug bewiesen, dass man dort sehr gut in der Lage ist, jede noch so einfache Aufgabe gnadenlos zu versemmeln.

Marktplätze wie Kaufland.de oder OTTO.de haben eBay inzwischen längst überholt. Während man sich bei eBay Gedanken darüber macht, die Echtheitsprüfung von Sneakers nun auch für Kinderschuhe anzubieten, geht Kaufland mal eben in die Expansion in die europäischen Nachbarländer. Mal schauen, was mehr Erfolg verspricht.



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